Verhandlung B 12 BA 10/23 R
Versicherungs- und Beitragsrecht - Betriebsprüfung - Beitragsnachforderung - Entgeltumwandlung - freiwillige Zusatzleistung - Grundvergütung
Verhandlungstermin
13.05.2025 11:00 Uhr
Terminvorschau
S. & G. GmbH ./. Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg
34 Beigeladene
Das klagende Unternehmen vereinbarte mit ihren zu 1. bis 21. beigeladenen Beschäftigten jeweils einen Gehalts-/Lohnverzicht in individueller Höhe. Dazu änderten die Beteiligten den jeweiligen Arbeitsvertrag nur im Hinblick auf die Grundvergütung, nicht aber wegen darüber hinaus vereinbarter Zusatzentgelte. Zudem trafen die Klägerin und die Beigeladenen zu 1. bis 21. individuell unterschiedliche Vereinbarungen über Zusatzleistungen. Danach gewährte die Klägerin einigen Beigeladenen freiwillig und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht für weitere zukünftige Zahlungen einen jährlichen Betrag von maximal 600 Euro für die Internetnutzung, für Fahrten von der Wohnung zur Arbeit einen bestimmten Höchstbetrag und einen Zuschuss zur Kinderbetreuung von maximal 338 Euro monatlich. Schließlich vereinbarten einige der Beigeladenen mit der Klägerin die Bereitstellung von Restaurantchecks im Wert von jeweils 6,10 Euro mit einem monatlichen Gesamtwert von höchstens 91,50 Euro, alternativ eine Verpflegungspauschale von 24 Euro. Die Beklagte forderte auf diese Leistungen Beiträge zur Sozialversicherung und Umlagen in Höhe von insgesamt 23 241,14 Euro nach.
Das Sozialgericht hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben, mit ihrer Berufung hat die Beklagte keinen Erfolg gehabt. Das Landessozialgericht ist zu dem Ergebnis gekommen, dass auf zusätzlich zum geschuldeten Arbeitsentgelt gewährte Leistungen keine Beiträge und Umlagen abzuführen seien. Die Beigeladenen zu 1. bis 21. hätten uneingeschränkt auf einen Teil des Bruttoentgelts verzichtet, während die Klägerin die Leistungen nur freiwillig zu erbringen gehabt habe. Die Leistungen seien nicht als Surrogat für den verringerten Grundlohn, sondern als zusätzliche Leistungen zur neu vereinbarten Vergütung anzusehen.
Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie eine Verletzung von §§ 14, 17 SGB IV und § 1 Absatz 1 Sozialversicherungsentgeltverordnung rügt. Sie meint, die weiteren Leistungen seien als Surrogat für die verringerte Grundvergütung und deshalb nicht zusätzlich vereinbart worden. Die weiteren Leistungen und die Grundvergütung seien konnex.
Verfahrensgang:
Sozialgericht Karlsruhe, S 3 BA 2472/20, 11.01.2022
Landessozialgericht Baden-Württemberg, L 8 BA 373/22, 12.05.2023
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Terminbericht
Die Revision der Beklagten ist insofern erfolgreich gewesen, als das Urteil des Landessozialgerichts aufgehoben und der Rechtsstreit an dieses zurückverwiesen worden ist. Ob die Kinderbetreuungszuschüsse in der Sozialversicherung beitragspflichtig sind, hängt davon ab, ob sie "zusätzlich" zu Löhnen und Gehältern gewährt wurden. Vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien eine Reduzierung der Grundvergütung und gleichzeitig eine andere Leistung, die den Verlust des Bruttobarlohns netto weitgehend kompensiert, müssen besondere Umstände vorliegen, die trotzdem auf eine zusätzliche Leistung schließen lassen. Die Vereinbarung eines reduzierten Arbeitsverdienstes einerseits und einer weiteren Leistung in einer dem Lohnverzicht entsprechenden Höhe legt es nahe, dass die weitere Leistung als Surrogat für den Bruttolohnverzicht vereinbart worden ist. Dabei ist nicht entscheidend, ob die Beschäftigten auf die vereinbarten Zuschüsse einen arbeitsrechtlichen Anspruch haben. Alleine die Freiwilligkeit einer Zahlung begründet noch nicht deren Zusätzlichkeit. Das Landessozialgericht wird festzustellen haben, inwiefern die Kinderbetreuungszuschüsse integraler, nicht abtrennbarer Bestandteil der insgesamt vereinbarten Vergütung geworden sind. Dazu muss unter anderem der zeitliche und sachliche Zusammenhang zwischen der Verzichtsvereinbarung und der Vereinbarung über die Zahlung der Zuschüsse ermittelt werden.
Zur rechtlichen Einordnung der Zuschüsse für die Internetnutzung sowie die Fahrten von der Wohnung zur Arbeit als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt bedarf es Feststellungen, ob diese Leistungen entsprechend den steuerrechtlichen Vorgaben zweckgebunden, nur für tatsächlich entstandene Ausgaben, gewährt und von der Klägerin tatsächlich sowie rechtzeitig pauschal besteuert worden sind. Restaurantgutscheine dürfen steuerrechtlich nicht als Lohnbestandteil vereinbart sein. Anders als die anderen hier streitigen Zuschüsse hat die Klägerin sie nicht freiwillig und auch nicht als Geldleistung gewährt. Es kommt daher nicht auf ihre Zweckbindung, sondern darauf an, ob die Beigeladenen und die Klägerin sie als Surrogat für das reduzierte Barentgelt vereinbart haben. Auch dies wird das Landessozialgericht zu ermitteln haben.
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