Verhandlung B 8 SO 2/24 R
Sozialhilfe - stationäre Hilfe zur Pflege - zusätzliche Betreuung und Aktivierung
Verhandlungstermin
28.05.2025 13:00 Uhr
Terminvorschau
R. B. ./. Landrat des Kreises Steinburg
1 Beigeladene
Der nicht in der Sozialen Pflegeversicherung versicherte bedürftige Kläger, dem der Pflegegrad 3 zuerkannt ist, wohnt in einem Pflegeheim. Der beklagte Sozialhilfeträger hat ihm Leistungen der Hilfe zur Pflege bewilligt und zahlt den hierfür vereinbarten Pflegesatz an die beigeladene Pflegeeinrichtung. Die Beigeladene hat mit den Pflegekassen einen Vergütungszuschlag für Leistungen der zusätzlichen Betreuung und Aktivierung (§ 43b SGB XI) vereinbart und erbringt pflegeversicherten Pflegebedürftigen solche Leistungen mit eigens dafür beschäftigtem Personal. Der Beklagte ist dieser Vereinbarung nicht beigetreten. Der Kläger begehrt vom Beklagten die Kosten für solche zusätzlichen Betreuungs- und Aktivierungsangebote, an denen er bislang nicht teilgenommen hat. Das Landessozialgericht hat für die Zeit ab seiner Entscheidung Leistungen der Hilfe zur Pflege für zusätzliche Betreuung und Aktivierung zugesprochen. Die Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII beinhalteten auch diejenigen pflegerischen Betreuungsmaßnahmen, die die Pflegeeinrichtung als zusätzliche Betreuung und Aktivierung anbiete.
Hiergegen richtet sich die Revision des Beklagten. Die stationäre Hilfe zur Pflege gewährleiste auch ohne die zusätzlichen Leistungen eine Vollversorgung, die neben den körperbezogenen Pflegemaßnahmen bereits alle erforderlichen pflegerischen Betreuungsmaßnahmen einschließe.
Verfahrensgang:
Sozialgericht Lübeck S 31 SO 183/19, 13.11.2020
Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht L 9 SO 38/20, 01.11.2023
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Terminbericht
Der Senat hat die Revision des Beklagten mit einer Maßgabe zurückgewiesen. Es wird festgestellt, dass der Anspruch des Klägers auf Hilfe zur stationären Pflege die Inanspruchnahme von Leistungen der zusätzlichen Betreuung und Aktivierung in der Pflegeeinrichtung des Beigeladenen zu Lasten des Beklagten umfasst. Das Klagebegehren war hier von Anfang an dahin auszulegen, dass der Kläger neben der Aufhebung der angefochtenen Bescheide keine Leistung, sondern eine entsprechende Feststellung begehrt. Das für eine Feststellungsklage erforderliche berechtigte Interesse besteht, weil der Kläger nicht darauf verwiesen werden kann, nach entsprechender Vertragsergänzung mit dem Beigeladenen Leistungen zunächst in Anspruch zu nehmen und eine Klärung erst im Wege der Kostenerstattung zu erlangen.
In der Sache hat das Landessozialgericht zutreffend entschieden, dass von dem Anspruch des Leistungsberechtigten nach dem SGB XII dem Grunde nach auch die Kosten für zusätzliche pflegerische Betreuungsmaßnahmen zur Betreuung und Aktivierung im Sinne des § 43b SGB XI umfasst sind. Der Anspruch auf Hilfe zur stationären Pflege entspricht nach dem Willen des Gesetzgebers, wie er im Zuge der Reformen der Sozialen Pflegeversicherung 2016 und 2017 zum Ausdruck gekommen ist, dem Inhalt des Anspruchs auf stationäre Pflege nach dem Recht der Sozialen Pflegeversicherung. Seit 2017 werden mit dem erweiterten Verständnis von Pflegebedürftigkeit auch besondere Betreuungsleistungen erbracht, die zuvor nur für versicherte Pflegebedürftige erbracht wurden. Aus diesem Gleichlauf des Pflegebedürftigkeitsbegriffs folgt auch, dass Empfänger von Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII dann einen Anspruch auf die zusätzlichen Betreuungs- und Aktivierungsleistungen haben, wenn die Pflegeeinrichtung sie anbietet. Der beklagte Sozialhilfeträger kann hier seiner Leistungspflicht nicht entgegenhalten, dass
er der Vergütungsvereinbarung zwischen der Beigeladenen und den Pflegekassen nicht beigetreten ist. Sein Einvernehmen wird im Verhältnis zum Leistungsberechtigten fingiert.
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