Bundessozialgericht

Verhandlung B 7 AS 17/24 R

Grundsicherung für Arbeitsuchende - Verjährung - Erstattungsforderung - 30jährige Verjährungsfrist - fruchtloser Pfändungsversuch - Verwaltungsakt

Verhandlungstermin 04.06.2025 13:00 Uhr

Terminvorschau

A. S. ./. Jobcenter Köln
Im Streit steht die Frage der Verjährung von Erstattungsforderungen in Höhe von rund 10.500 Euro.

Das beklagte Jobcenter hob im Jahr 2009 die unter anderem gegenüber der Klägerin erfolgte Bewilligung von Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 1. Januar 2007 bis 31. Juli 2008 auf und verlangte die Erstattung von rund 10.500 Euro. Die Aufhebungs- und Erstattungsverfügungen wurden bestandskräftig.

Die Bundesagentur für Arbeit, die den Forderungseinzug für den Beklagten durchführte, beauftragte im Januar 2010 das Hauptzollamt mit der Beitreibung der Forderungen. Am 9. Februar 2010 erfolgte ein fruchtloser Pfändungsversuch; am 1. August 2013 wurde die Klägerin gemahnt. Im Juni 2014 erließ das Hauptzollamt drei Vollstreckungsankündigungen. Im Oktober 2014 beantragte die Klägerin den Forderungserlass. Weitere Zahlungserinnerungen ergingen sodann im November 2020 und im Juni 2021. Im August 2021 erhob die Klägerin gegenüber der Bundesagentur für Arbeit die Einrede der Verjährung, die von dieser zurückgewiesen wurde.

Die Klage, gerichtet gegen das Jobcenter und auf Feststellung, dass die Forderungen verjährt seien, hatte in beiden Instanzen Erfolg. Die Forderungen seien unter Berücksichtigung der vierjährigen Verjährungsfrist des § 50 Absatz 4 Satz 1 SGB X, die infolge des fruchtlosen Pfändungsversuchs vom 9. Februar 2010 erneut zu laufen begonnen habe, seit dem 10. Februar 2014 verjährt. Anders als vom Beklagten vertreten, betrage die Verjährungsfrist nicht 30 Jahre (§ 52 Absatz 2 SGB X). Insbesondere liege in dem fruchtlosen Pfändungsversuch kein unanfechtbarer Verwaltungsakt, der zur Feststellung oder Durchsetzung eines Anspruchs ergangen und Voraussetzung für den Lauf einer Verjährungsfrist von 30 Jahren sei.

Mit seiner vom Landessozialgericht zugelassenen Revision rügt der Beklagte die Verletzung unter anderem der §§ 52 Absatz 1, Absatz 2 in Verbindung mit § 31 SGB X.

Verfahrensgang:
Sozialgericht Köln, S 44 AS 3659/21, 06.02.2023
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, L 12 AS 400/23, 20.03.2024

Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 15/25.

Terminbericht

Die Revision des Beklagten hatte keinen Erfolg. Das Landessozialgericht hat zu Recht dessen Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln zurückgewiesen. Die Feststellungsklage ist zulässig. Sie ist auch begründet, denn die Forderungen aus den Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden vom 21. und 22. September 2009 sind verjährt.

Die Verjährung der Forderungen aus den Erstattungsbescheiden ist nach Maßgabe der vierjährigen Verjährungsfrist des § 50 Absatz 4 Satz 1 und 2 SGB X mit Ablauf des 10. Februar 2014 eingetreten. Die Verjährungsfrist hatte zwar ursprünglich mit dem 1. Januar 2010 zu laufen begonnen, weil die Bescheide nach den bindenden Feststellungen des Landessozialgerichts im Jahr 2009 bestandskräftig geworden sind. Mit der fruchtlosen Pfändung vom 9. Februar 2010 als behördlicher Vollstreckungshandlung hat aber die Verjährungsfrist nach § 50 Absatz 4 Satz 2 SGB X in Verbindung mit § 212 Absatz 1 Nummer 2 BGB mit dem auf die Vollstreckungshandlung folgenden Tag neu zu laufen begonnen.

Die 30jährige Verjährungsfrist des § 52 Absatz 2 SGB X greift vorliegend nicht. Es fehlt bereits an einem von § 52 Absatz 1 Satz 1 SGB X vorausgesetzten Verwaltungsakt, der zur Feststellung oder Durchsetzung des Anspruchs des Beklagten erlassen worden ist. Insbesondere stellt die fruchtlose Pfändung vom 9. Februar 2010 keinen Verwaltungsakt dar. Es fehlt an einer Regelung. Aus den Feststellungen des Landessozialgerichts im Übrigen ergibt sich auch nicht, dass im Rahmen dieses Pfändungsversuchs ein Verwaltungsakt des Vollziehungsbeamten ergangen wäre. Die Niederschrift über den Pfändungsversuch ist lediglich eine Wissenserklärung. Auch ihr mangelt es daher an einer Regelungswirkung.

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 15/25.

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