Bundessozialgericht

Verhandlung B 11 AL 2/24 R

Arbeitslosenversicherung - Kurzarbeitergeld - Anerkennungsbescheid - 3-Monatszeitraum - Anzeige des Arbeitsausfalls

Verhandlungstermin 04.06.2025 10:00 Uhr

Terminvorschau

S. M. ./. Bundesagentur für Arbeit
Die Beteiligten streiten über Kurzarbeitergeld für Dezember 2020 und Januar 2021.

Der Kläger betreibt einen Friseursalon mit mehreren Beschäftigten. Nach Anzeige eines Arbeitsausfalls ab März 2020 wegen der COVID-19-Pandemie stellte die beklagte Bundesagentur für Arbeit fest, dass für die Zeit ab 1. März 2020 bis längstens 28. Februar 2021 ein erheblicher Arbeitsausfall vorliege und die betrieblichen Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld erfüllt seien (sogenannter Anerkennungsbescheid vom 30. März 2020). Kurzarbeitergeld wurde für März und April 2020 beantragt und gezahlt. Am 2. Februar 2021 ging ein Antrag auf Zahlung von Kurzarbeitergeld für Dezember 2020 ein. Zugleich beantragte der Kläger die “Verlängerung“ von Kurzarbeitergeld um ein Jahr. In diesem Monat erfolgte auch eine erneute förmliche Anzeige des Arbeitsausfalls.

Die Beklagte hob mit dem Hinweis auf eine mehr als dreimonatige Vollarbeit den Anerkennungsbescheid ab 1. Mai 2020 auf (Aufhebungsbescheid vom 8. Februar 2021), erkannte (erst) ab 1. Februar 2021 das erneute Vorliegen des erheblichen Arbeitsausfalls sowie der betrieblichen Voraussetzungen an und lehnte zudem den Antrag auf Kurzarbeitergeld für Dezember 2020 wegen der fehlenden Anzeige von Kurzarbeit für diesen Monat ab (Bescheide vom 10. Februar 2021). Widerspruch, Klage und Berufung sind erfolglos geblieben. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Landessozialgericht ausgeführt, der aufgehobene Anerkennungsbescheid habe sich wegen der dreimonatigen Unterbrechung des Leistungsbezugs erledigt, was aus § 104 Absatz 3 SGB III folge. Durch den Aufhebungsbescheid vom 8. Februar 2021 sei der Kläger deshalb nicht beschwert. Für einen Anspruch auf Kurzarbeitergeld ab Dezember 2020 fehle es an einer erneuten Anzeige des Arbeitsausfalls für diesen Monat. Die erneute Anzeige sei im Februar 2021 bei der Beklagten eingegangen und erst ab diesem Monat wirksam.

Mit seiner vom Landessozialgericht zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 104 Absatz 3 SGB III.

Verfahrensgang:
Sozialgericht Nordhausen, S 18 AL 660/21, 11.01.2022
Thüringer Landessozialgericht, L 10 AL 190/22, 30.11.2023

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Terminbericht

Die Revision des Klägers hatte nach der Aufhebung des Bescheids vom 8. Februar 2021 durch die Beklagte keinen Erfolg. Ein Anspruch auf Kurzarbeitergeld ab Dezember 2020 besteht ebenso wenig wie ein Anspruch auf Änderung des sogenannten Anerkennungsbescheids vom 10. Februar 2021.

Diesen Ansprüchen steht entgegen, dass zum einen die Arbeitsausfallanzeige vom März 2020 aufgrund des fehlenden Leistungsbezugs ab Mai 2020 für mehr als drei Monate wegen § 104 Absatz 3 SGB III als Grundlage für diese Ansprüche nicht in Betracht kommt. Zum anderen ist die (weitere) Arbeitsausfallanzeige bezogen auf die Zeit ab Dezember 2020 nach den tatsächlichen Feststellungen des Landessozialgerichts erst im Februar 2021 erfolgt. Sie vermag keine Ansprüche für die Zeit vor Februar 2021 zu begründen. Die Voraussetzungen für eine Rückwirkung dieser Arbeitsausfallanzeige liegen nicht vor.

Nach dem Wortlaut von § 104 Absatz 3 SGB III ist es für den Beginn einer neuen Bezugsdauer nach dreimonatiger Unterbrechung erforderlich, dass alle Voraussetzungen für Kurzarbeitergeld erneut vorliegen, also auch eine neue Arbeitsausfallanzeige. Eine Unterbrechung von mehr als drei Monaten ist nach der Entstehungsgeschichte sowie dem Sinn und Zweck der Regelung als Zäsur in einem laufenden Leistungsfall anzusehen, die den Leistungsfall abschließt. Ein späteres Begehren nach weiteren Kurzarbeitergeld-Leistungen ist deshalb als neuer Leistungstatbestand zu beurteilen, der die erneute Prüfung aller Anspruchsvoraussetzungen im dafür vorgesehenen Verfahren erfordert.

§ 104 Absatz 3 SGB III war auch nicht wegen und während der COVID-19-Pandemie unanwendbar oder telelogisch zu reduzieren. Der Gesetzgeber hat durch zahlreiche Maßnahmen - auch im Regelungszusammenhang des Kurzarbeitergelds - auf die Pandemie reagiert. Von einer Änderung oder gar Suspendierung der Regelung in § 104 Absatz 3 SGB III hat er abgesehen. Anhaltspunkte für ein gesetzgeberisches Versehen sind nicht ersichtlich. Auch in Pandemiezeiten erscheint es nicht unzumutbar und es stellt auch keine überflüssige rein formelle Voraussetzung dar, nach einer Unterbrechung des Bezugs von Kurzarbeitergeld von mehr als drei Monaten einen erneuten Arbeitsausfall anzuzeigen und glaubhaft zu machen.

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 15/25.

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