Bundessozialgericht

Verhandlung B 11 AL 4/23 R

Arbeitslosenversicherung - Anspruch auf Arbeitslosengeld - Anwartschaftszeit - Rahmenfrist - Übergangsregelung

Verhandlungstermin 04.06.2025 11:00 Uhr

Terminvorschau

A.-M. L. ./. Bundesagentur für Arbeit
Die Klägerin begehrt Arbeitslosengeld vom 14. Juli bis zum 14. Oktober 2020.

Sie war vom 1. September 2012 bis zum 14. Juni 2019 versicherungspflichtig beschäftigt. Vom 24. Juni 2019 bis zum 12. Juli 2020 befand sie sich im Rahmen eines Au-Pair-Programms in den USA. Am 14. Juli 2020 meldete sie sich schriftlich arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Die Beklagte lehnte den Antrag ab. Es bestehe kein Anspruch, weil die erforderliche Anwartschaftszeit von 12 Versicherungsmonaten innerhalb der Rahmenfrist von 24 Monaten, die vom 14. Juli 2018 bis 13. Juli 2020, verlaufe, nicht erfüllt sei.

Während des Klageverfahrens nahm die Klägerin am 15. Oktober 2020 eine versicherungspflichtige Beschäftigung auf. Sie macht geltend, aufgrund dieser Beschäftigung werde der Anwendungsbereich der Übergangsregelung des § 447 Absatz 1 SGB III eröffnet, so dass die Rahmenfrist nach § 143 SGB III in der geänderten Fassung 30 Monate betrage und sie die Anwartschaftszeit erfüllt habe. Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben. Die am 15. Oktober 2020 aufgenommene Beschäftigung sei für die Bestimmung der Rahmenfrist, ausgehend vom Zeitpunkt der Arbeitslosmeldung am 14. Juli 2020, nicht von Bedeutung. Die Übergangsregelung des § 447 Absatz 1 SGB III finde keine Anwendung. Das folge aus einer teleologischen Reduktion dieser Übergangsregelung unter Heranziehung der Gesetzgebungsmaterialien.

Mit ihrer vom Landessozialgericht zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung der §§ 142, 143 Absatz 1 in Verbindung mit § 447 Absatz 1 SGB III.

Verfahrensgang:
Sozialgericht Ulm, S 16 AL 2157/20, 10.05.2022
Landessozialgericht Baden-Württemberg, L 8 AL 1765/22, 03.03.2023

Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 15/25.

Terminbericht

Die Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg. Landessozialgericht und Sozialgericht haben zu Recht entschieden, dass sie in dem streitigen Zeitraum vom 14. Juli bis zum 14. Oktober 2020 keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat. Die Klägerin hat jedenfalls die hierfür erforderliche Anwartschaftszeit nicht erfüllt. Innerhalb der sich auf den Zeitraum vom 14. Juli 2018 bis zum 13. Juli 2020 erstreckenden Rahmenfrist war sie nur an 331 Tagen versicherungspflichtig beschäftigt.

Nach § 143 Absatz 1 SGB III in der hier noch maßgeblichen bis zum 31. Dezember 2019 geltenden Fassung beträgt die Rahmenfrist zwei Jahre. Dagegen ist § 143 Absatz 1 SGB III in seiner ab dem 1. Januar 2020 in Kraft getretenen Fassung, der eine auf 30 Monate verlängerte Rahmenfrist vorsieht, nicht anwendbar. Das folgt aus der Übergangsvorschrift des § 447 Absatz 1 SGB III, nach der für Personen, die nach dem 31. Dezember 2019 nicht in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden haben, die §§ 142, 143 und 147 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2019 geltenden Fassung Anwendung finden.

Die Klägerin hat nach dem 31. Dezember 2019 nicht im Sinne des § 447 Absatz 1 SGB III in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden. Das am 15. Oktober 2020 begonnene Versicherungs-pflichtverhältnis ist nicht - rückwirkend - zu berücksichtigen. Das Versicherungspflichtverhältnis im Sinne des § 447 Absatz 1 SGB III muss innerhalb einer möglichen Rahmenfrist im Sinne von § 143 SGB III liegen und daher grundsätzlich zu einem Zeitpunkt vor der Arbeitslosmeldung bestanden haben. Dies ergibt sich aus Wortlaut, dem Sinn und Zweck der Übergangsregelung, den Gesetzgebungsmaterialien und der Systematik der Vorschriften des SGB III. Der vom Landessozialgericht vorgenommenen teleologischen Reduktion eines negativen Tatbestandsmerkmals “nicht in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden“ bedarf es nicht.

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 15/25.

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