Verhandlung B 5 R 3/24 R
Gesetzliche Rentenversicherung - Grundrentenzuschlag - 33 Versicherungsjahre - Pflichtbeiträge - freiwillige Beiträge - Gleichheitsverstoß
Verhandlungstermin
05.06.2025 14:15 Uhr
Terminvorschau
R. E. ./. Deutsche Rentenversicherung Bund
Zwischen den Beteiligten ist streitig eine höhere Regelaltersrente unter Berücksichtigung eines Zuschlags an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung (Grundrentenzuschlag).
Der Kläger bezieht eine Regelaltersrente. Seinen Antrag auf Berücksichtigung eines Grundrentenzuschlags ab dem Jahr 2021 lehnte die Beklagte ab, weil von den erforderlichen 33 Jahren (396 Monate) Grundrentenzeiten nur 230 Monate mit Pflichtbeiträgen vorlägen. Die vom Kläger freiwillig entrichteten Beiträge (312 Monate) zählten nicht zu den Grundrentenzeiten.
Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landessozialgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz liege nicht vor. Im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit komme dem Gesetzgeber bei der Abgrenzung des begünstigenden Personenkreises ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Dieser sei hier besonders groß, weil der Grundrentenzuschlag steuerfinanziert sei. Auch dürften bei der Ordnung von Massenerscheinungen generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen verwendet werden, ohne allein wegen der damit verbundenen Härten gegen Verfassungsrecht zu verstoßen. Pflichtversicherte trügen in aller Regel nach Beitragszeit, Beitragsdichte und Beitragshöhe in erheblich stärkerem Maße zur Versichertengemeinschaft bei als freiwillig Versicherte. Sie könnten sich dieser Verpflichtung auch nicht entziehen. Die Ungleichbehandlung sei daher sachlich gerechtfertigt.
Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes. Er habe mit seinen freiwilligen Beiträgen über viele Jahre zur Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung beigetragen und müsse ebenfalls auf eine ordentliche Absicherung im Alter vertrauen dürfen.
Verfahrensgang:
Sozialgericht Mannheim, S 10 R 2439/22, 29.03.2023
Landessozialgericht Baden-Württemberg, L 5 R 1205/23, 24.01.2024
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Terminbericht
Die Revision des Klägers blieb ohne Erfolg. Er hat keinen Anspruch auf eine höhere Regelaltersrente unter Berücksichtigung eines Zuschlags an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung. Freiwillig entrichtete Beiträge zählen anders als Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit nach den gesetzlichen Vorgaben nicht zu den Grundrentenzeiten.
Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz liegt nicht vor. Es bestanden hinreichend gewichtige Sachgründe, die den Ausschluss von Zeiten mit freiwillig geleisteten Beiträgen von der Anrechnung auf die für den Grundrentenzuschlag erforderlichen Mindestzeiten rechtfertigen. Zwischen einer Pflichtversicherung aufgrund versicherter Beschäftigung oder Tätigkeit und einer freiwilligen Versicherung bestehen in der gesetzlichen Rentenversicherung erhebliche Unterschiede. Der freiwillig Versicherte kann die Beitragszahlung jederzeit aussetzen oder sogar ganz einstellen und bestimmt die Höhe seiner Beiträge im gesetzlich vorgegebenen Rahmen selbst. So zahlte unmittelbar vor Einführung des Grundrentenzuschlags die Mehrheit der freiwillig Versicherten nur einen Mindestbeitrag. Im Gegensatz dazu können sich Pflichtversicherte als zahlenmäßig bedeutsamste Versichertengruppe der gesetzlichen Rentenversicherung ihrer Beitragspflicht nicht entziehen; sie tragen regelmäßig nach Beitragszeit, Beitragsdichte und Beitragshöhe in wesentlich stärkerem Maße durch die Zahlung von Pflichtbeiträgen zur Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung bei.
Die freiwillig Versicherten werden auch nicht unzumutbar belastet, wenn sie von der Begünstigung durch eine aufgrund des Grundrentenzuschlags erhöhte Rentenzahlung ausgeschlossen sind. Zwar kann auch bei diesen Versicherten trotz langjähriger, aber geringer Beitragsleistung keine auskömmliche Altersversorgung aus der gesetzlichen Rentenversicherung vorhanden sein, sodass sie bei bestehender Hilfebedürftigkeit im Alter gegebenenfalls Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII in Anspruch nehmen müssen. Dass der Gesetzgeber in erster Linie Versicherte mit langjährig verpflichtender Beitragszahlung aus unterdurchschnittlichen Arbeitsverdiensten durch den steuerfinanzierten Grundrentenzuschlag als Anerkennung ihrer versicherten Lebensarbeitsleistung innerhalb des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung begünstigen wollte, ist aber im Rahmen seines insoweit weiten Spielraums bei der Ausgestaltung der gesetzlichen Rentenversicherung nicht zu beanstanden.
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