Bundessozialgericht

Verhandlung B 3 KR 5/24 R

Krankenversicherung - Hilfsmittelversorgung - Hörgerät - Überfestbetrag - Freiburger Einsilbertest

Verhandlungstermin 12.06.2025 10:30 Uhr

Terminvorschau

J. W. ./. DAK-Gesundheit
Beigeladene: Deutsche Rentenversicherung Braunschweig-Hannover
Im Streit steht die Erstattung von Kosten für eine Hörgeräteversorgung über dem Festbetrag.

Der 1968 geborene Kläger leidet an einer mittelgradigen Schwerhörigkeit rechts und einer hochgradigen Schwerhörigkeit links. In 2019 beantragte er zunächst bei dem beigeladenen Rentenversicherungsträger, der den Antrag an die beklagte gesetzliche Krankenkasse des Klägers weiterleitete, die beidseitige Versorgung mit einem Hörgerät und testete mehrere Hörgeräte, unter denen das Überfestbetragsgerät im Vergleich zu den aufzahlungsfreien Geräten im Freiburger Einsilbertest im Nutzschall ein um 5 %-Punkte besseres Sprachverstehen ergab. Nach der Bewilligung einer Versorgung zum Vertragspreis beantragte der Kläger die Übernahme der Mehrkosten der von ihm ausgewählten Überfestbetragshörgeräte nebst Mikrofonen, da keines der getesteten aufzahlungsfreien Geräte ein für ihn ausreichendes Sprachverstehen in Gruppen und in größeren Räumen ermöglicht habe. Diesen Antrag lehnte die Beklagte ab, weil der im Freiburger Einsilbertest gemessene Hörvorteil des gewünschten Geräts unter 10 %-Punkten liege.

Der Kläger schaffte die begehrten Hörgeräte nebst Zubehör während des Widerspruchsverfahrens an.

Das Sozialgericht hat die Beklagte zur Erstattung der beantragten Mehrkosten verurteilt, das Landessozialgericht hat ebenfalls einen Kostenerstattungsanspruch des Klägers bejaht: Grundsätzlich könne auch ein Hörvorteil unter 10 %-Punkten einen wesentlichen Gebrauchsvorteil begründen. Hierbei sei weder von einer Messtoleranz, die sich zudem nicht aus der Hilfsmittel-Richtlinie herleiten lasse, auszugehen, noch der hierdurch erzielbare Hörgewinn als unwesentlich zu bewerten. Denn im Alltag eines hörgeminderten Menschen stelle auch das bessere Verstehen lediglich jedes 20. Wortes einen weitergehenden Ausgleich des Funktionsdefizits im Vergleich zum Hörvermögen gesunder Menschen und damit eine maßgebliche Verbesserung dar. Dieser messbare Gebrauchsvorteil schlage sich auch in dem vom Kläger in seinem Hörtagebuch dokumentierten subjektiv wahrgenommenen besseren Hörverständnis nieder.

Mit ihrer vom Landessozialgericht zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung von Umfang und Grenzen des sich aus § 33 Absatz 1 Satz 1 SGB V ergebenden Sachleistungsanspruchs. Die vom Kläger gewählte Hörgeräteversorgung übersteige das Maß des Notwendigen, da ein um 5 %-Punkte besseres Sprachverständnis keinen wesentlichen, zu den entstehenden Mehrkosten in einem angemessenen Verhältnis stehenden Gebrauchsvorteil darstelle.

Verfahrensgang:
Sozialgericht Hannover, S 95 KR 1021/20, 15.06.2022
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, L 16 KR 382/22, 19.04.2024

Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 17/25.

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