Bundessozialgericht

Verhandlung B 1 KR 9/24 R

Krankenversicherung - Krankenhausvergütung - stationäre Krankenhausbehandlung - Abrechnungsprüfung - Nachkodierung - Nebendiagnose

Verhandlungstermin 16.07.2025 11:00 Uhr

Terminvorschau

F GmbH ./. BAHN-BKK
Das Krankenhaus der Klägerin behandelte eine Versicherte der beklagten Krankenkasse vom 12. Mai bis zum Eintritt ihres Todes während eines endoprothetischen Eingriffs am 17. Mai 2018 und berechnete hierfür 11 845,54 Euro nach Maßgabe der Fallpauschale I05A. Sie kodierte hierfür - unter Verwendung von ICD-10-GM - neben der Hauptdiagnose T84.14:R mehrere Nebendiagnosen. Die Beklagte beglich die Rechnung und beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung mit einer Kodierprüfung hinsichtlich der Nebendiagnosen. Dieser zeigte der Klägerin die Prüfung an mit dem Zusatz, insbesondere zu prüfen seien I50.01, E87.1, D62, I35.0, I49.0, N17.81, E87.5, N18.3. In seinem Gutachten vom 8. Februar 2019 kam der Medizinische Dienst der Krankenversicherung zu dem Ergebnis, die Nebendiagnose N17.81 sei nicht korrekt verschlüsselt worden. Stattdessen sei das beschriebene Krankheitsbild mit N17.91 zu kodieren. Die Nebendiagnose N18.3 sei zu streichen. Daraus resultiere die Fallpauschale I47B. Die Klägerin widersprach dem Gutachten insoweit, als ein Volumenmangelschock, auf den die durchgeführte Reanimation unter anderem ausgerichtet gewesen sei, bisher von ihr nicht kodiert worden sei. Sie kündigte eine entsprechende Nachkodierung dieser Nebendiagnose (R57.1) an, die sie am 20. Februar 2019 vornahm. Die Beklagte verrechnete den sich aus der Zugrundelegung der Fallpauschale I47B ergebenden Erstattungsbetrag in Höhe von 3898,52 EUR am 17. Juni 2019 mit einer unstreitigen Forderung der Klägerin aus einem anderen Behandlungsfall.

Das Sozialgericht hat der Klage auf Zahlung des verrechneten Betrages nebst Zinsen stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht das vorinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der Nachkodierung der Nebendiagnose R57.1 habe § 7 Absatz 5 Satz 1 bis 4 Prüfverfahrensvereinbarung 2016 entgegengestanden, wobei dahingestellt bleiben könne, ob die Vorschrift eine materielle Präklusion oder eine materielle Ausschlussfrist begründe. Der Prüfauftrag der Beklagten habe sich in zulässiger Weise auf sämtliche vergütungsrelevanten Nebendiagnosen bezogen, ohne dass diese im Einzelnen aufgelistet werden müssten. Nachkodierte erlösrelevante Nebendiagnosen seien auch im Gerichtsverfahren nicht mehr berücksichtigungsfähig.  

Die Klägerin rügt mit ihrer Revision sinngemäß eine Verletzung von § 4 und § 7 Absatz 5 Prüfverfahrensvereinbarung 2016 sowie § 62 Sozialgerichtsgesetz und Artikel 103 Absatz 1 Grundgesetz. Die angegriffene Entscheidung sei mit der Rechtsprechung des Bundessozial-gerichts zu § 7 Absatz 5 Prüfverfahrensvereinbarung 2016 nicht vereinbar. Einer materiellen Präklusion der Nachkodierung der Nebendiagnose R57.1 stehe danach entgegen, dass vorliegend nicht alle von ihr kodierten Nebendiagnosen Gegenstand des Prüfauftrages und der Prüfung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung geworden seien. Das Landessozialgericht habe den Prüfauftrag der Beklagten an den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung in für sie überraschender Weise verkürzt und damit falsch wiedergegeben und zudem unzutreffend ausgelegt. Ein auf sämtliche (erlösrelevanten) Nebendiagnosen gerichteter Prüfauftrag sei zudem unzulässig und damit unbeachtlich. Der Beklagten sei es überdies verwehrt, sich auf die Unzulässigkeit der Nachkodierung zu berufen, weil der die Nachkodierung begründende medizinische Sachverhalt (Kreislaufschock) in dem Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung explizit beschrieben sei.

Verfahrensgang:
Sozialgericht Kiel - S 44 KR 398/20, 26.04.2021
Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht - L 5 KR 189/21, 31.01.2024

Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 22/25.

Terminbericht

Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg gehabt. Die Klägerin durfte die streitige Nebendiagnose nach den zum Verfahren B 1 KR 30/24 R dargelegten Grundsätzen (siehe insoweit Terminbericht) nicht nachkodieren. Die durch § 7 Absatz 5 Prüfverfahrensvereinbarung 2016 bewirkte Präklusion ist danach auch hier eingetreten. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung hat den Prüfgegenstand in seiner Prüfanzeige hinreichend konkretisiert. Vom Prüfverfahren betroffen war auch hier der Datensatz der Diagnosen insgesamt (siehe insoweit Terminbericht zu B 1 KR 12/24 R). Die Klägerin setzte mit der Nachkodierung auch nicht lediglich das Ergebnis der Prüfung um. Allein der Umstand, dass sich die Kodierbarkeit der streitgegenständlichen Nebendiagnose der Begründung des Gutachtens des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in der Sache entnehmen lassen könnte, genügt insofern nicht.

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 22/25.

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