Bundessozialgericht

Verhandlung B 1 KR 12/24 R

Krankenversicherung - Krankenhausvergütung - stationäre Krankenhausbehandlung - Abrechnungsprüfung - - Nachkodierung - Nebendiagnose

Verhandlungstermin 16.07.2025 11:00 Uhr

Terminvorschau

F GmbH./. DAK-Gesundheit
Das Krankenhaus der Klägerin behandelte eine Versicherte der beklagten Krankenkasse vollstationär vom 30. Juni bis zu ihrer Verlegung in ein anderes Krankenhaus am 23. Juli 2018 und berechnete hierfür 6276,69 Euro nach Maßgabe der Fallpauschale H41C. Es kodierte - unter Verwendung von ICD-10-GM - als Hauptdiagnose K83.1 und als Nebendiagnose unter anderem S32.5. Die Beklagte beglich die Rechnung und beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung mit einer Abrechnungsprüfung und Fragen zur Dauer der stationären Behandlung sowie zur Kodierung der Hauptdiagnose und der Nebendiagnosen. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung gelangte zu der Einschätzung, als Hauptdiagnose sei D37.6 zu kodieren. Als Nebendiagnosen seien K83.1, S32.5 und darüber hinaus S73.00, S32.4 sowie S31.84 zu kodieren. Die übrigen von der Klägerin kodierten Nebendiagnosen und die Prozeduren seien "laut Auftrag nicht geprüft" worden. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung bestätigte die Fallpauschale H41C, allerdings mit einem geringeren Kostengewicht, da die Versicherte nach der Dokumentation bereits drei Tage früher in die weiterbehandelnde Klinik hätte verlegt werden können. Die Beklagte machte daraufhin gegenüber der Klägerin einen Erstattungsanspruch für drei Tage in Höhe von 553,09 Euro geltend. Die Klägerin widersprach der Bewertung des Medizinischen Dienst der Krankenversicherung hinsichtlich der Hauptdiagnose. Sie übersandte der Beklagten eine geänderte Rechnung vom 30. April 2019 über 11 638,13 Euro auf der Grundlage der Fallpauschale H41A und bezog dabei erstmals die weiteren Nebendiagnosen E87.6, D68.5 und T84.04 ein. Die Beklagte trat dieser Rechnung entgegen und kürzte sie auf den ursprünglichen Zahlbetrag.

Das Sozialgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von 5914,53 Euro nebst Zinsen verurteilt. Das Landessozialgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Die Nachkodierung der Nebendiagnosen sei in der Sache zutreffend gewesen. Sie sei weder nach § 7 Absatz 5 Prüfverfahrensvereinbarung 2016 präkludiert noch verwirkt. Der Prüfauftrag der Beklagten habe die Dauer der stationären Behandlung, die Richtigkeit der Hauptdiagnose sowie der Nebendiagnose S32.5 umfasst, nicht jedoch die drei nachkodierten Nebendiagnosen. Die Themenkreisüberschneidung der nachkodierten Nebendiagnosen mit der ursprünglich kodierten Nebendiagnose S32.5 schließe die Nachkodierung nicht aus.

Die Beklagte rügt mit ihrer Revision sinngemäß eine Verletzung von § 4 und § 7 Absatz 5 Prüfverfahrensvereinbarung 2016. Der Nachkodierung der Nebendiagnosen durch die Klägerin habe die materielle Präklusionswirkung des § 7 Absatz 5 Prüfverfahrensvereinbarung 2016 entgegengestanden. Prüfgegenstand seien vorliegend unter anderem sämtliche Nebendiagnosen gewesen. § 4 Prüfverfahrensvereinbarung 2016 stehe dem nicht entgegen. Die Vorschrift regele nur inhaltliche Vorgaben an die Prüfanzeige und keine zwingenden Anforderungen an den Prüfauftrag (Verweis auf Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht vom 31. Januar 2024 - L 5 KR 189/21).

Verfahrensgang:
Sozialgericht Kiel - S 44 KR 408/19, 04.01.2021
Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht - L 10 KR 15/21, 25.04.2023

Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 22/25.

Terminbericht

Die Revision der Beklagten hat Erfolg gehabt. Der Senat hat die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der Klägerin stand nur die ursprünglich abgerechnete, in Höhe der Aufrechnung gekürzte Vergütung zu. Die Klägerin durfte die streitige Nebendiagnose nach den zum Verfahren B 1 KR 30/24 R dargelegten Grundsätzen (siehe insoweit Terminbericht) nicht nachkodieren. Die durch § 7 Absatz 5 Prüfverfahrensvereinbarung 2016 bewirkte Präklusion ist danach auch hier eingetreten. Mit dem Ablauf der Frist gemäß § 7 Absatz 5 Satz 2 Prüfverfahrensvereinbarung 2016 beziehungsweise dem Ende der Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung war die Klägerin endgültig gehindert, weitere.

Nebendiagnosen nachzukodieren. Die Klägerin hat die der korrigierten Rechnung zugrunde gelegten Nebendiagnosen erst nach der Beendigung der Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung nachkodiert. Vom Prüfverfahren betroffen war hier der Datensatz der Diagnosen insgesamt. Die Diagnosen bilden nach § 4 Prüfverfahrensvereinbarung 2016 - wie die Prozeduren und die Zusatzentgelte - eine eigenständige Datenkategorie. Der Datensatz der Diagnosen ist bereits dann Gegenstand des Prüfverfahrens, wenn nur einzelne Nebendiagnosen geprüft werden. Darauf, ob die Beklagte und/oder der Medizinische Dienst der Krankenversicherung mit der Benennung der als auffällig beanstandeten Nebendiagnosen den Prüfgegenstand auf diese Nebendiagnosen beschränken wollten, kommt es insofern nicht an.

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 22/25.

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