Bundessozialgericht

Verhandlung B 1 KR 22/24 R

Krankenversicherung - Krankenhausvergütung - stationäre Krankenhausbehandlung - Abrechnungsprüfung - Nachkodierung - Nebendiagnose

Verhandlungstermin 16.07.2025 11:00 Uhr

Terminvorschau

F GmbH ./. AOK Nordost - Die Gesundheitskasse
Das Krankenhaus der Klägerin behandelte vom 25. Februar bis 13. März 2018 einen Versicherten der beklagten Krankenkasse vollstationär und berechnete hierfür 8989,60 Euro nach Maßgabe der Fallpauschale F56A. Sie kodierte - unter Verwendung von ICD-10-GM - als Hauptdiagnose I25.12 und als Nebendiagnose unter anderem I50.14. Die Beklagte beglich die Rechnung und beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung mit der Überprüfung der Abrechnung. In seiner Prüfanzeige an die Klägerin gab dieser an, er sei insbesondere mit der Fragestellung "Kodierung, HD, ND, OPS, Zusatzentgelt ZE" beauftragt. Unter dem weiteren Punkt "Prüfgegenstand/Prüfgegenstände" benannte er verschiedene zu beantwortende Fragen, unter anderem diejenige, ob die kodierte Hauptdiagnose für die Veranlassung der stationären Behandlung verantwortlich sei, sowie welchen Behandlungsmehraufwand die Nebendiagnosen verursacht hätten und ob diese korrekt kodiert seien. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung kam zum Ergebnis, die kodierte Hauptdiagnose könne nicht nachvollzogen werden und werde besser durch I21.4 abgebildet. Daraus resultiere die Fallpauschale F24B. Daraufhin verrechnete die Beklagte einen Teilbetrag mit einer anderen unstreitigen Forderung der Klägerin. Mit neuer Schlussrechnung vom 15. Januar 2019 berechnete die Klägerin nunmehr 11 249,07 Euro nach der Fallpauschale F24A. Dabei setzte sie das Ergebnis der Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung um, kodierte aber zusätzlich die bisher nicht angegebenen Nebendiagnosen I08.0, E64.8, J18.2, F05.0 und I10.01. Die Beklagte beauftragte nochmals den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung mit der Erstellung eines Gutachtens. Dieser verweigerte die erneute Prüfung, weil eine nachträgliche Rechnungskorrektur nicht Bestandteil eines Nachverfahrens gemäß der Prüfverfahrensvereinbarung sei und gab den Auftrag an die Beklagte zurück.

Das Sozialgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 3654,61 Euro nebst Zinsen verurteilt. Das Landessozialgericht hat den Gerichtsbescheid des Sozialgericht aufgehoben und die Klage abgewiesen. Unabhängig davon, ob § 7 Absatz 5 Prüfverfahrensvereinbarung 2016 eine materielle Präklusionsregelung bewirke oder ob es sich hierbei um eine materielle Ausschlussfrist handele, habe die Klägerin die Nebendiagnosen nicht nachkodieren dürfen. Der Prüfauftrag der Beklagten habe sich auf den vollständigen Datensatz "Nebendiagnosen" bezogen. Die allgemein gehaltene Frage nach der Richtigkeit der kodierten Nebendiagnose(n) stehe auch nicht dem Auftrag des § 4 Satz 2 Prüfverfahrensvereinbarung 2016 entgegen.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin sinngemäß eine Verletzung von § 17c Absatz 2 Krankenhausfinanzierungsgesetz sowie § 4, § 7 Absatz 5 und § 8 Prüfverfahrensvereinbarung 2016. Das Landessozialgericht weiche von den Urteilen des Bundessozialgerichts vom 21. Mai 2021 ab (B 1 KR 34/20 R, B 1 KR 37/20 R und B 1 KR 39/20 R). Bei der Bestimmung des Prüfgegenstandes komme es nicht auf den Prüfauftrag der Krankenkasse an, sondern auf den Umfang der vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung tatsächlich ausgeführten Prüfung. Darüber hinaus sei der Prüfauftrag mit dem Erstgutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung auch noch nicht erledigt gewesen, weil die Beklagte ein "Widerspruchsgutachten" beauftragt habe. Damit habe sie zugleich auf ihre Rechtsposition aus einer etwaigen Präklusion verzichtet. Zudem genüge der allgemein gehaltene Prüfauftrag der Beklagten nicht den Vorgaben des § 4 Prüfverfahrensvereinbarung 2016 und die Leistungsentscheidung nicht den Anforderungen des § 8 Prüfverfahrensvereinbarung 2016.

Verfahrensgang:
Sozialgericht Kiel - S 44 KR 328/19, 05.05.2020
Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht - L 5 KR 117/20, 31.01.2024

Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 22/25.

Terminbericht

Die Revision der Klägerin hat im Sinne einer Teilzurückverweisung der Sache an das Landessozialgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung Erfolg gehabt, soweit sie die Wirksamkeit der Aufrechnung betrifft. Im Übrigen hat der Senat die Revision zurückgewiesen. Die Klägerin durfte nach den zum Verfahren B 1 KR 30/24 R dargelegten Grundsätzen (siehe insoweit Terminbericht) die streitgegenständlichen Nebendiagnosen nicht nachkodieren. Die durch § 7 Absatz 5 Prüfverfahrensvereinbarung 2016 bewirkte Präklusion ist danach auch hier eingetreten. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung hat den Prüfgegenstand in seiner Prüfanzeige hinreichend konkretisiert. Vom Prüfverfahren betroffen war auch hier der Datensatz der Diagnosen insgesamt (siehe insoweit Terminbericht zu B 1 KR 12/24 R).

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 22/25.

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