Verhandlung B 5 R 12/24 R
Rentenversicherung - teilweise Aufhebung - Rente wegen voller Erwerbsminderung - Ruhen des Arbeitsverhältnisses - Urlaubs- und Überstundenabgeltung - Einmalzahlungen - Hinzuverdienst - Erstattung - Überzahlung
Verhandlungstermin
25.09.2025 13:30 Uhr
Terminvorschau
N. und J. S. als Rechtsnachfolger des verstorbenen R. H. J. ./. Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See
Die Beteiligten streiten um die teilweise Aufhebung der Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung für den Zeitraum vom 1. Januar 2019 bis zum 31. Dezember 2019 wegen Urlaubs- und Überstundenabgeltung als Hinzuverdienst und die Erstattung einer entstandenen Überzahlung.
Die Kläger sind Rechtsnachfolger des im Berufungsverfahren verstorbenen Versicherten. Die Beklagte gewährte ihm ab Juni 2016 eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung (Bescheid vom 24. Mai 2017). Die Rente wurde auf Dauer weitergewährt (Bescheid vom 27. Februar 2019). Auf das letzte Arbeitsverhältnis des Versicherten fanden die Regelungen des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst Anwendung. Hiernach ruhte das Arbeitsverhältnis für die Zeit einer befristet gewährten Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und endete mit Ablauf des Monats, der der Zahlung einer unbefristet gewährten Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vorausgeht. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31. März 2019 standen dem Versicherten Nachzahlungsbeträge für die Abgeltung von Urlaub und Überstunden zu. Die Auszahlung erfolgte am 30. April 2019. Daraufhin hob die Beklagte den Bescheid vom 24. Mai 2017 auf, berechnete die Rente ab Juli 2019 neu und berücksichtigte dabei die Einmalzahlungen als Hinzuverdienst (Bescheid vom 18. Juni 2019). Mit Bescheid vom 2. Juni 2020 hob die Beklagte den Bescheid vom 24. Mai 2017 hinsichtlich der Rentenhöhe ab Januar 2019 auf, berechnete die Rente auch für Januar bis Juni 2019 neu und stellte für diesen Zeitraum eine Überzahlung fest.
Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage ist vor dem Sozialgericht erfolgreich gewesen. Die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Einmalzahlungen seien zwar Arbeitsentgelt, jedoch kein Hinzuverdienst. Dieser liege nur dann vor, wenn das Arbeitsentgelt nicht nur während des Rentenbezugs tatsächlich zugeflossen sei, sondern rechtlich einer Beschäftigung zugeordnet werden könne, die während des Rentenbezuges (fort-)bestanden habe. Davon könne nicht ausgegangen werden, wenn - wie hier - das Beschäftigungsverhältnis wegen des Bezugs einer befristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung nach tarifvertraglicher Regelung ruhe. Damit werde nach außen deutlich, dass später entstehende Ansprüche nicht mehr dem Beschäftigungsverhältnis zugeordnet werden sollen. Die im Zuge des Flexirentengesetzes erfolgte Rechtsänderung führe zu keiner abweichenden Beurteilung. Zwar enthalte die Neufassung des § 96a SGB VI keinen (direkten) Bezug mehr zur “Beschäftigung“. Eine - zumal bewusste - Aufgabe der bisherigen durch die Rechtsprechung entwickelten Maßstäbe sei damit nicht verbunden.
Mit ihrer vom Landessozialgericht zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 96a SGB I. Nach der mit dem Flexirentengesetz erfolgten Neuregelung der Norm zum 1. Juli 2017 komme es nicht mehr darauf an, ob der Hinzuverdienst einem zum Zeitpunkt des Rentenbezugs noch bestehenden Beschäftigungsverhältnis zugeordnet werden könne. Dieses Verständnis würde auch im Rahmen der Massenverwaltung zu einer deutlichen Prüfungsvereinfachung und damit Reduzierung des Verwaltungsaufwands führen.
Verfahrensgang:
Sozialgericht Oldenburg, S 82 R 452/19, 04.04.2023
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, L 12 R 54/23, 22.08.2024
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Terminbericht
Die Beklagte hat im Hinblick auf den Ausgang des Verfahrens B 5 R 15/24 R die Revision im Termin zurückgenommen.
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