Bundessozialgericht

Verhandlung B 6a KR 2/25 R

Versicherungs- und Beitragsrecht - Auffangpflichtversicherung - geistige Behinderung -  keine Erwerbstätigkeit - Einrichtung der Behindertenhilfe - Betreuungsvertrag - Gewährung aller  üblichen Leistungen - anderweitige Absicherung - private Vereinbarung

Verhandlungstermin 10.12.2025 13:00 Uhr

Terminvorschau

A. K. ./. 1. AOK - Die Gesundheitskasse in Hessen, 2. Pflegekasse bei der AOK - Die Gesundheitskasse in Hessen
beigeladen: H. e. V.
Die Beteiligten streiten über die Durchführung einer Auffangpflichtversicherung für den Kläger bei der beklagten Krankenkasse zu 1. und dessen Mitgliedschaft bei der zu 2. beklagten Pflegekasse.

Der 1960 geborene Kläger, der an einer schweren geistigen Behinderung leidet, war nie erwerbstätig. Seit 1968 lebt er in einer Einrichtung der Behindertenhilfe des Beigeladenen. Ein vor der Aufnahme mit den Eltern des Klägers abgeschlossener Betreuungsvertrag verpflichtet den Beigeladenen gegen Zahlung eines Betrages von 94 600 DM “zur Abfindung aller Ansprüche“, den Kläger “bis an sein Lebensende nach den allgemein anerkannten Grundsätzen der modernen Sozialhilfe und Heilpädagogik zu betreuen und ihm alle in der Anstalt üblichen Leistungen zu gewähren, die seinem Wohle dienen, einschließlich der eventuell notwendig werdenden Aufnahme und Behandlung in einer Spezialklinik“.

Die gegen die Ablehnung seines Antrags auf Aufnahme in die Kranken- und Pflegeversicherung gerichtete Klage hat das Sozialgericht abgewiesen. Das Landessozialgericht hat das Urteil sowie die Bescheide der Beklagten aufgehoben und die Versicherung des Klägers in der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Pflegeversicherung der Beklagten festgestellt. Der zwischen den Eltern des damals noch minderjährigen Klägers und dem Rechtsvorgänger des Beigeladenen geschlossene Vertrag stelle keine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall dar. Die Konzeption des § 5 Absatz 1 Nummer 13 SGB V schließe eine anderweitige Absicherung durch eine Vereinbarung zwischen Privaten aus, die weder der Versicherungswirtschaft angehören, noch Versicherungsleistungen im Rahmen eines gesetzlich anerkannten institutionellen Rahmens erbringen. Der Kläger sei niemals Empfänger laufender Sozialhilfeleistungen gewesen.

Die Beklagten rügen mit ihrer Revision die Verletzung von § 5 Absatz 1 Nummer 13 SGB V. Der gesetzlich nicht abschließend definierte Begriff der anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall umfasse auch Ansprüche auf Leistungen im Krankheitsfall, wie sie durch den Betreuungsvertrag begründet worden sind.

Verfahrensgang:
Sozialgericht Kassel, S 2 KR 345/18, 23.11.2022
Hessisches Landessozialgericht, L 8 KR 155/23, 03.04.2025

Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 40/25.

Terminbericht

Die Revision der Beklagten war erfolglos. Zu Recht hat das Landessozialgericht die Durchführung einer Auffangpflichtversicherung für den Kläger bei der zu 1. beklagten Krankenkasse und dessen Mitgliedschaft bei der zu 2. beklagten Pflegekasse festgestellt.

Der Kläger war zu keinem Zeitpunkt gesetzlich oder privat krankenversichert, wovon die Beteiligten auch übereinstimmend ausgehen. Zu Recht hat das Landessozialgericht entschieden, dass der zwischen den Eltern des Klägers und dem Rechtsvorgänger des Beigeladenen abgeschlossene Vertrag keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall im Sinne des § 5 Nummer 13 SGB V vermittelt. Der Beigeladene gehört weder der Versicherungswirtschaft an, noch erbringt er Leistungen in einem vergleichbaren institutionellen Rahmen, der Gewähr für eine dauerhafte Erbringung von Leistungen im Krankheitsfall bietet.

Zudem regelt der Vertrag auch im Hinblick auf den Leistungsumfang kein ausreichendes Sicherungsniveau für eine hinreichende anderweitige Absicherung im Krankheitsfall. Maßstab hierfür ist das in § 193 Absatz 3 des Versicherungsvertragsgesetzes festgelegte Niveau, nach dem eine Krankheitskostenversicherung mit einem Versicherungsunternehmen mindestens eine Kostenerstattung für ambulante und stationäre Heilbehandlung umfassen muss. Das ist vorliegend bei dem Vertrag, der im Wesentlichen die Versorgung des Klägers in der Einrichtung der Behindertenhilfe des Beigeladenen sicherstellt, nicht der Fall.

Die Auffangpflichtversicherung ist nach den bindenden Feststellungen des Landessozialgerichts überdies nicht durch einen vorrangigen Bezug laufender Sozialhilfeleistungen ausgeschlossen.

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 40/25.

Hinweis zur Verwendung von Cookies

Wir verwenden ausschließlich Sitzungs-Cookies, die für die einwandfreie Funktion unserer Webseite erforderlich sind. Mit der Nutzung unserer Dienste erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir diese Cookies einsetzen. Unsere Informationen zum Datenschutz erhalten Sie über den Link Datenschutz.

OK