Verhandlung B 10/12 R 4/23 R
Versicherungs- und Beitragsrecht - Rentenversicherung - Versicherungspflicht - nicht erwerbsmäßig tätige Pflegeperson - Pflege von EU-Ausländern - Sachleistungsaushilfe
Verhandlungstermin
11.12.2025 10:15 Uhr
Terminvorschau
R. S. ./. Deutsche Rentenversicherung Rheinland-Pfalz
Beigeladen: VIACTIV Pflegekasse
Der Kläger begehrt die Feststellung seiner Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für Zeiträume, in denen er seine französischen Schwiegereltern in Deutschland nicht erwerbsmäßig gepflegt hat. Seine Schwiegereltern bezogen französische Renten und waren nur in Frankreich kranken- und pflegeversichert. In Deutschland hatten sie nach der europarechtlichen Zuständigkeitsverteilung ausschließlich Anspruch auf Leistungen der Sachleistungsaushilfe der deutschen sozialen Pflegeversicherung auf Kosten des Trägers ihrer französischen Sozialversicherung.
Das Sozialgericht hat der Klage stattgegeben, das Landessozialgericht hat dessen Gerichtsbescheid aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Schwiegereltern des Klägers hätten keine Leistungen aus der deutschen Pflegeversicherung bezogen, wie es die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung voraussetze.
Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, die Vorschriften über die Versicherungspflicht seien zu seinen Gunsten unionsrechts- und verfassungskonform auszulegen. Die Gewährung von Sachleistungsaushilfe an in Deutschland gepflegte Personen auf der Grundlage europäischer Vorschriften genüge, um für die Pflegeperson eine Versicherungspflicht nach deutschem Recht zu begründen.
Verfahrensgang:
Sozialgericht Mainz, S 8 R 341/18, 06.07.2021
Landessozialgericht Rheinland-Pfalz L 6 R 152/21, 19.07.2023
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Terminbericht
Die Revision des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Sozialgericht und Landessozialgericht haben seinen Anspruch auf Feststellung der Rentenversicherungspflicht zutreffend verneint. Zwar hat der Kläger in Deutschland seine französischen Schwiegereltern im hierfür erforderlichen zeitlichen Umfang nicht erwerbsmäßig gepflegt. Jedoch hat es an deren Versicherteneigenschaft in der sozialen Pflegeversicherung gefehlt, die § 3 Satz 1 Nummer 1a SGB VI zwingend voraussetzt. Die Schwiegereltern des Klägers waren als Rentner ausschließlich in Frankreich sozialversichert. Sie erhielten daher in Deutschland Sachleistungen der Pflege lediglich als Sachleistungsaushilfe nach Artikel 17, 24 Verordnung (EG) 883/2004 und damit nicht “aus der sozialen Pflegeversicherung“ im Sinne von § 3 Satz 1 Nummer 1a SGB VI.
Dass der Kläger in der Zeit der von ihm erbrachten Pflege nicht gesetzlich rentenversichert war, ergibt sich vor allem aus der systematischen Stellung der einschlägigen Vorschriften der gesetzlichen Renten- und Pflegeversicherung. Die Tragung der Beiträge für nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen ist als Bestandteil der Leistungen der deutschen sozialen Pflegeversicherung für ihre Versicherten ausgestaltet (§§ 28 Absatz 1 Nummer 10, 44 SGB XI). Sie setzt zwingend die Beitragspflicht einer inländischen Pflegekasse nach § 170 Absatz 1 Nummer 6 SGB VI voraus. Für Pflegebedürftige, die in Deutschland lediglich aufgrund europarechtlicher Koordinierung Pflege-leistungen im Wege der Sachleistungsaushilfe erhalten, besteht ein solcher Beitragstatbestand nicht. Auch europarechtlich bleibt für Geldleistungen bei Krankheit ausschließlich der Rentenzahlstaat zuständig, im Fall der Schwiegereltern des Klägers Frankreich. Das gilt auch für die Zahlung von Rentenversicherungsbeiträgen zugunsten von Pflegepersonen im Wohnsitzmitgliedstaat. Eine trotz der europarechtlichen Koordinierung grundsätzlich mögliche Erweiterung des § 3 Satz 1 Nummer 1a SGB VI auf im EU-Ausland Versicherte ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.
Dieser Ausschluss von EU-Ausländern vom Recht auf Beitragszahlung für ihre Pflegepersonen verstößt auch nicht gegen das Diskriminierungsverbot des Europarechts oder Artikel 3 GG, weil die europäische Rechtsordnung lediglich eine Koordinierung, aber keine Harmonisierung der Leistungsansprüche vorsieht und der deutsche Gesetzgeber daran ohne Gleichheitsverstoß anknüpfen darf.
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