Verhandlung B 3 KR 9/24 R
Krankenversicherung - Vergütung - physiotherapeutische Versorgung - Vergütungsausfälle - Vertrag zwischen dem GKV-Spitzenverband und Spitzenorganisationen der Physiotherapie - Nichteinigung - Schiedsstelle - Schiedsspruch - Preisfestsetzung - Erhöhung
Verhandlungstermin
18.12.2025 11:00 Uhr
Terminvorschau
1.GKV-Spitzenverband, 2. Bundesverband selbstständiger Physiotherapeuten, 3. VDB-Physiotherapieverband, 4. Verband für Physiotherapie, 5. Deutscher Verband für Physiotherapie ./. Schiedsstelle nach § 125 Absatz 6 SGB V
Im Streit stehen die Vergütung in der physiotherapeutischen Versorgung von August 2021 bis Dezember 2022 und die Zahlung für Vergütungsausfälle vom 10. Januar bis 31. März 2021.
Nach § 125 SGB V war erstmals zum 1. Januar 2021 ein Vertrag zwischen dem GKV-Spitzenverband und den maßgeblichen Spitzenorganisationen der Physiotherapie auf Bundesebene über die Einzelheiten der Versorgung einschließlich der Preise zu schließen. Bei Nichteinigung war innerhalb von drei Monaten durch eine Schiedsstelle zu entscheiden. Traf diese erst nach Ablauf von drei Monaten ihre Entscheidung, waren neben der Festsetzung der Preise auch Zahlbeträge zu beschließen, durch die Vergütungsausfälle bei den Leistungserbringern durch die verzögerte Entscheidung ausgeglichen werden.
Entsprechende Vertragsverhandlungen führten nicht zu einer Einigung über die Preise. Mit dem im Revisionsverfahren streitigen Schiedsspruch vom 13. Juli 2021 (schriftliche Fassung vom 21. Juli 2021) setzte die beklagte Schiedsstelle nach § 125 Absatz 6 SGB V die Preise für physio-therapeutische Leistungen ab August 2021 fest und bestimmte die Zahlung für Vergütungsausfälle von April bis Juli 2021. Sie hob die am 1. Juli 2019 gültigen Bundespreise für Behandlungen ab August 2021 um 14,09% an und als Ausgleich für die verzögerte Preisfestsetzung von April bis Juli 2021 vorübergehend um 26,67%. Zuvor hatte die Schiedsstelle in einem ersten Schiedsspruch vom 26. Februar 2021 (schriftliche Fassung vom 8. März 2021) Vorgaben für eine Vergütungs-vereinbarung der Vertragspartner formuliert, auf die sie im zweiten Schiedsspruch Bezug nahm. In Teilumsetzung dieses Schiedsspruchs war es ab April 2021 zu einer vorweggenommenen Erhöhung der Preise um 1,51% gekommen.
Durch einen weiteren Schiedsspruch passte die Schiedsstelle die Preise nach dem Schiedsspruch vom 13. Juli 2021 ab Januar 2023 an. Für die Zeit ab Januar 2024 einigten sich die Vertragspartner auf eine Anpassung.
Gegen den Schiedsspruch vom 13. Juli 2021 erhoben sowohl der GKV-Spitzenverband (Kläger zu 1) als auch die am Schiedsverfahren beteiligten Spitzenorganisationen der Physiotherapie auf Bundesebene (Kläger zu 2 bis 5) Klagen. Das Landessozialgericht hat, nachdem der Vorsitzende der beklagten Schiedsstelle Faktoren für die Preisfestsetzung des Schiedsspruchs in einer mündlichen Verhandlung erläutert hatte, die gegen die Preisfestsetzung sowohl vom Kläger zu 1 als auch von den Klägern zu 2 bis 5 erhobenen Klagen abgewiesen und Revision zugelassen. Die Begründung des Schiedsspruchs sei unter Einbeziehung der im ersten Schiedsspruch festgelegten Ausgangsfaktoren hinreichend. Die Festsetzung der Preiserhöhung halte sich im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben und des nur eingeschränkt gerichtlich zu kontrollierenden Freiraums der Schiedsstelle. Auf die Klagen der Kläger zu 2 bis 5, die die Schiedsstelle erstmals am 9. Oktober 2020 angerufen hatten, hat das Landessozialgericht den Schiedsspruch aufgehoben, soweit die Festsetzung von Zahlbeträgen zum Ausgleich der bei den Leistungserbringern nach Ablauf von drei Monaten nach Anrufung der Schiedsstelle vom 10. Januar bis 31. März 2021 eingetretenen Vergütungsausfälle abgelehnt worden war, und die Beklagte verpflichtet, insoweit unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Soweit das Landessozialgericht über weitere Klagen und Anträge entschieden hat, sind diese Entscheidungen nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden.
Mit ihren Revisionen wenden sich die klagenden Spitzenorganisationen der Physiotherapie gegen die Preisfestsetzung der Schiedsstelle von August 2021 bis Dezember 2022 und rügen die Verletzung materiellen Rechts, insbesondere von § 125 SGB V und §§ 35, 41 SGB X. Bei der Festsetzung der Preise habe die Beklagte einige Parameter fehlerhaft verwendet beziehungsweise bewertet (insbesondere Jahresleistungszeiten, Sach- und Raumkosten sowie Unternehmerrisiko), sodass es zu einer zu geringen Preiserhöhung gekommen sei. Die Preisfestsetzung sei un-zureichend begründet sowie ohne die notwendigen Tatsachenfeststellungen vorgenommen worden und beruhe darauf, dass die Beklagte ihren Gestaltungs- und Beurteilungsspielraum rechtsfehlerhaft ausgeübt habe. Dessen Einhaltung habe das Landessozialgericht nicht hinreichend geprüft und zudem verkannt, dass das Nachholen der Begründung seitens der Beklagten schriftlich hätte erfolgen müssen. Nach wie vor lasse sich die Berechnung der Anhebung der Preise um 14,09% nicht nachprüfen.
Der klagende GKV-Spitzenverband wendet sich mit seiner Revision allein gegen die Teilaufhebung des Schiedsspruchs durch das Landessozialgericht und die Verpflichtung der beklagten Schiedsstelle zur Entscheidung über die Zahlung für Vergütungsausfälle auch vom 10. Januar bis 31. März 2021 statt erst ab April 2021. Er rügt die Verletzung materiellen Rechts (§ 125 Absatz 5 Satz 2 und 3 SGB V). Die Dreimonatsfrist, nach deren Ablauf Zahlbeträge für Vergütungsausfälle zu beschließen gewesen seien, sei mit dem Datum des erstmaligen Zustandekommens der Verträge am 1. Januar 2021 verknüpft, nicht mit einer früheren Anrufung der Schiedsstelle. Die beklagte Schiedsstelle hat sich dieser Revision der Sache nach angeschlossen.
Vorinstanzen:
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, L 1 KR 9/23 KL, 19.04.2024
Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 41/25.