Bundessozialgericht

Verhandlung B 3 KR 12/24 R

Krankenversicherung - Ausgleichszahlung - Leistungserbringer der Physiotherapie - COVID-19-Versorgungsstrukturen-Schutzverordnung - Heilmittelerbringer - verfassungskonforme Auslegung

Verhandlungstermin 18.12.2025 13:00 Uhr

Terminvorschau

T. H. K. GbR ./. ARGE Heilmittelzulassung Nordrhein-Westfalen
Im Streit steht die Höhe der Ausgleichszahlung für Leistungserbringer der Physiotherapie nach der COVID-19-Versorgungsstrukturen-Schutzverordnung (COVID-19-VSt-SchutzV).

Nach § 2 dieser am 5. Mai 2020 in Kraft getretenen, auf das Infektionsschutzgesetz gestützten und inzwischen wieder außer Kraft getretenen Verordnung erhalten zugelassene Heilmittelerbringer für den Zeitraum von April 2020 bis Juni 2020 auf Antrag eine einmalige Ausgleichszahlung für die Ausfälle der Einnahmen, die ihnen aufgrund eines Behandlungsrückgangs infolge der COVID-19-Epidemie entstehen. Sie beträgt für einen Leistungserbringer, der bis zum 30. September 2019 zugelassen worden ist, 40% der Vergütung, die der Leistungserbringer im vierten Quartal 2019 für Heilmittel im Sinne des § 32 Absatz 1 SGB V gegenüber den Krankenkassen abgerechnet hat. Für die Berechnung sind die dem GKV-Spitzenverband nach § 84 Absatz 7 in Verbindung mit Absatz 5 SGB V vorliegenden Daten für das vierte Quartal 2019 zugrunde zu legen.

Die Klägerin ist ein Heilmittelleistungserbringer und betreibt eine physiotherapeutische Praxis mit zwei in 2003 und 2015 zugelassenen Niederlassungen. Auf ihren Antrag zahlte die Beklagte der Klägerin am 9. Juni 2020 auf der Grundlage der vom GKV-Spitzenverband übermittelten Daten für die beiden Niederlassungen 29 089,52 Euro und 30 990,61 Euro. Ihre Widersprüche mit dem Ziel höherer Ausgleichszahlungen für beide Niederlassungen auf der Grundlage der im vierten Quartal 2019 erbrachten Leistungen wies die Beklagte zurück.

Das Sozialgericht hat die Klage auf weitere Ausgleichszahlungen von 7463,99 Euro und 16 324,69 Euro abgewiesen. Das Landessozialgericht hat die Berufung zurückgewiesen: Die Klägerin habe keinen Anspruch auf höhere Ausgleichszahlungen. Zutreffend habe die Beklagte als allein maßgeblich die dem GKV-Spitzenverband nach § 84 Absatz 7 in Verbindung mit Absatz 5 SGB V vorliegenden Daten für das vierte Quartal 2019 zugrunde gelegt. Dass der Beklagten eine Überprüfung dieser übermittelten Daten nicht möglich gewesen sei, sei vom Sinn und Zweck der Verordnung gedeckt. Kernanliegen des Verordnungsgebers sei es gewesen, epidemiebedingte Einnahmeausfälle zeitnah und unbürokratisch aufzufangen und hierdurch zum Schutz der Versorgungsstrukturen den Weiterbetrieb der Praxen zu sichern. Zu diesem Zweck habe die Berechnung der als Subvention anzusehenden pauschalen Ausgleichszahlungen auf der Grundlage von Daten erfolgen sollen, die dem GKV-Spitzenverband bereits vorlagen und zügig übermittelt werden konnten. Verfassungsrecht stehe diesem Verordnungskonzept nicht entgegen. Weder verstoße die Anknüpfung an diese Daten gegen das Transparenzgebot noch liege hierin eine unzulässige Typisierung. Dem Normgeber habe gerade vor dem Hintergrund der epidemischen Lage ein Spielraum zugestanden, der nicht überschritten worden sei.

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin als Verletzung materiellen Rechts, dass das typisierende Abstellen auf die Daten nach § 84 Absatz 7 in Verbindung mit Absatz 5 SGB V sie in ihrem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 GG verletze. Der Rückgriff auf diese nicht überprüfbaren Daten verletze sie auch in ihrem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 GG. Im Wege einer verfassungskonformen Auslegung sei auf die tatsächliche Leistungserbringung im vierten Quartal 2019 abzustellen. Zudem rügt die Klägerin eine Verletzung formellen Rechts (Verstoß gegen Amtsermittlungspflicht und Anspruch auf rechtliches Gehör).

Vorinstanzen:
Sozialgericht Köln, S 23 KR 2365/21, 18.08.2022
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, L 10 KR 657/22 SodEG, 24.05.2023

Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 41/25.

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